Über das venezianische Rudern

Venezianisch Rudern, Voga Veneta wie es auf Italienisch heißt, erfreut sich auch außerhalb Italiens immer größerer Beliebtheit. Neben den traditionellen Vereinen, besonders in Venedig, sind in vielen Städten des Veneto bis hinüber nach Grado etliche Vereine entstanden, die diese Art des Ruderns sehr intensiv pflegen.

Regatta (Quelle: iStock)
Regatta (Quelle: iStock)

Das Venezianisch Rudern ist als eine Art des Rudersportes zu bezeichnen, da die Bewegung dem „Englisch“ oder sitzend Rudern ähnlich, wenn auch entgegengesetzt ist. Das Ruder liegt in der Forcola, einer Art offener Dolle. Diese Forcole sind echte Meisterwerke der Bootsbaukunst.

Forcola
Forcola

Auch in Österreich hat das Stehend-Rudern Tradition. Auf den Salzkammergut Seen, besonders dem Hallstättersee und dem Traunsee, hat sich diese Boots- und Ruderart schon vor Jahrhunderten entwickelt. Die Plätten waren in dieser Gegend Arbeitsgeräte und dienten zum Fischen sowie für den Personen- und Warentransport.

Plätte am Traunsee
Plätte am Traunsee

In Wien ist das Venezianische Rudern ebenfalls schon länger bekannt. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts wurde im Wiener Prater die Anlage „Venedig in Wien“ betrieben. Der Flurname „Venediger Au“ gibt noch heute Zeugnis davon. In diesem künstlich angelegten Vergnügungspark wurden die Besucher zu Fahrten in Gondeln auf Kanälen zwischen den Kulissen Venezianischer Palazzi eingeladen.

Auch in der Operette sind Gondeln ein beliebtes Sujet. Im Jahr 1999 wurde in Mörbisch die Operette von Johann Strauss „Eine Nacht in Venedig“ aufgeführt. Dabei kam unser Präsident Nino als Gondoliere regelmäßig zum Einsatz. Nach Ende der Spielzeit wurden dem Verein sowohl die Originalgondel als auch die beiden Bühnengondeln großzügigerweise zur Verfügung gestellt und 2005, anlässlich des 10-jährigen Bestandes des Vereines, dankenswerterweise geschenkt.

Bildrechte siehe *
Bildrechte siehe *

*) mit freundlicher Genehmigung von ORF und Seefestspiele Mörbisch / Videoland, Produktion VLMD 005

Historisches

Gegen Ende des 5. Jahrhunderts nach Christus begannen die Westgoten in Oberitalien einzufallen, denen die Hunnen, die Langobarden und die Awaren in den nächsten beiden Jahrhunderten folgten. Die ansässige Bevölkerung im Veneto begann auf den Inseln der adriatischen Lagunen Schutz zu suchen. So entstanden in den folgenden Jahrzenten Orte wie Grado, Torcello, Murano, Burano, Malamocco und auch Venedig. Die Lagune war aber schon mindestens 1000 Jahre vorher von Fischern und Salzbauern besiedelt, die sich so wie die neuen Siedler mit Ruderbooten fortbewegen mussten. Circa 11% der Lagune sind ständig von Wasser bedeckt. Der Rest besteht aus Inseln oder Watt- und Marschland (Sand- und Schlämmbänke, Barene, Velme, Gebhis und Canali), das sich mit Flut und Ebbe laufend verändert.

Luftaufnahme Lagune Venedig (Quelle: iStock)
Luftaufnahme Lagune Venedig (Quelle: iStock)

Daraus ergab sich die Notwendigkeit beim Rudern nach vorne zu blicken, um nicht auf Grund zu laufen. Stehend hat man natürlich auch einen wesentlich besseren Überblick. Fürs Stehend-Rudern müssen die Ruder eine entsprechende Länge haben, und benötigen einen Ausleger, der den Drehpunkt höher legt. Dazu wurde zunächst ein ca. 20 bis 40 cm hohes Brett mit einer halbkreisförmigen Ausnehmung an der Bordwand befestigt. Daraus entwickelte sich die Forcola, eine sehr kunstvoll geschnitzte Rudergabel. Sowohl das ursprüngliche einfache Brett als auch die Forcola waren oben offen, so dass man das Ruder bei bestimmten Manövern schnell herausnehmen konnte.

Forcola
Forcola
Bildrechte siehe *)

*) Gentile Bellini (1429 - 1507), Miracolo della reliquia della Croce al ponte di San Lorenzo, Gallerie dell'Academia di Venezia, mit freundlicher Genehmigung des Ministero della Cultura, Italia

Im Laufe der Jahrhunderte entstanden in der Stadt und der Lagune rund 35 verschiedene Bootstypen, die durch ihre leichte Bauweise, vor allem aber den flachen Boden bestens für die Lagune geeignet waren.

Quelle: iStock
Quelle: iStock

Sie wurden alle in der gleichen Technik gerudert. Der Poppiere, der Steuermann, steht am Heck, der Poppa.
Die Mannschaft steht vor ihr/ihm abwechselnd links und rechts im Boot.

Alltag in Venedig (Quelle: iStock)
Alltag in Venedig (Quelle: iStock)

Für das Alleine-Rudern hat sich eine spezielle Technik mit zwei Rudern, die alla Valesana Technik, entwickelt. Wo und warum diese Art zu rudern entstand geht aus dem Namen hervor, nämlich durch die Fortbewegung der Boote in den „valli da pesca“, den Fischgründen. Es mussten große Distanzen alleine in kurzer Zeit und mit möglichst geringem Kraftaufwand in Gebieten mit seichtem Wasser bewältigt werden.

alla Valesana
alla Valesana

Rudern und Feiern in Venedig

VOGALONGA

Die erste Vogalonga fand 1975 statt und war ursprünglich eine Veranstaltung, durch die das Ansehen des traditionellen Venzianisch Ruderns belebt werden sollte. Durch die zunehmende Motorisierung hatte die Popularität der alten Lagunenboote gelitten, und eine Handvoll Venezianer wollte durch diese Kampagne nicht nur den Rudersport beleben, sondern auch auf die Schäden, die in der Stadt und in der Lagune durch die Motorboote entstanden sind, aufmerksam machen.
Ursprünglich war die Vogalonga eine „Regatta“ (es geht aber nicht um die Wette) mit ein paar hundert Booten. Heute gehen über 2000 Boote mit mehr als 8000 Sportlern an den Start, und somit ist sie vermutlich das größte Ruderevent der Welt. Gerudert wird mit Enthusiasmus und Begeisterung in fast allem was schwimmt und muskelbetrieben ist; in venezianischen Booten, "englischen" Renn- und Wanderbooten, Kajaks, Paddelbooten, Faltbooten, Kanus, SUPs, Drachenbooten und diversen Sonderkonstruktionen.
Bei einer Vogalonga Anfang der 1990er Jahren machten die Gründungsmitglieder des Voga Veneta Vienna die erste Bekanntschaft mit dem "Venezianisch Rudern" und waren sogleich begeistert.
Die Vogalonga findet jedes Jahr am Pfingstsonntag statt.

Vogalonga
Vogalonga
Vogalonga
Vogalonga

RIVIERA FIORITA

Die Riviera Fiorita , oft auch Fiorita Brenta genannt, ist ein Bootscorso in historischen Gewändern auf dem Brenta-Fluss, in Erinnerung an eines der größten und teuersten Feste, das zu Ehren des französischen Königs Heinrich III im Jahre 1574 stattgefunden hat.
Jedes Jahr am 2. Sonntag im September zieht der Corso mit ca. 60 geschmückten Booten und 400 bis 500 Ruderern und Figuranten von Padua auf der Brenta in Richtung Venedig. Ein Volksfest für tausende Zuschauer.

Riviera Fiorita
Riviera Fiorita

REGATA STORICA

Die Regata Storica ist ein einzigartiges Ereignis und findet immer am 1. Sonntag im September statt. Sie zählt zu den schönsten und spektakulärsten Festen der Venezianer. An den Ufern des Canale Grande drängen sich ab dem frühen Morgen die Zuseher und alle, die ein Ruder- oder Motorboot haben, schaukeln dicht gedrängt mit ihren Booten vor den prunkvollen Fassaden der Paläste. Vor dem Cà Foscari schwimmt eine riesige Tribüne für die Ehrengäste.
Das Fest beginnt mit dem Bootscorso der historischen Boote, gefolgt vom Corso der Prunkboote und dem corteo sportivo. Als erste zeigen die Jugendlichen in kurzen Wettfahrten ihr Können. Danach folgen die Regatten der Frauen und Männer in unterschiedlichen Klassen und Bootsarten.
Die Läufe beginnen bei den Giardini Napoleonici und führen durch den Canale Grande, zu verschiedenen Wendepunkten, und zurück zur großen Tribüne. Von den Zusehern werden sie mit frenetischem Beifall begleitet und angefeuert. In den privaten Booten wird mächtig gefeiert, gegessen und getrunken. Es herrscht immer eine tolle Stimmung.
Einige unserer Mitglieder nahmen schon am Corteo Sportivo und auch am Corteo Storico teil – einfach unvergessliche Erlebnisse!

Regata storica (Quelle: iStock)
Regata storica (Quelle: iStock)
Damen-Regatta
Damen-Regatta